| Einrichtung der Woche

Wilhelm-Hack-Museum

Die Entstehung der ungegenständlichen Kunst ist der eigentliche Schwerpunkt des Wilhelm-Hack-Museum, d.h. die in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entstandene Kunst. Dazu gehört auch das größte Kunstwerk des Museums. Es befindet sich nicht im, sondern am Museum: der größte Miró der Welt, ein Werk, das der spanische Künstler eigens für die Südfassade des Museums geschaffen hat. Aktuell werden im Wilhelm-Hack-Museum die raumgreifenden Interventionen von Michael Beutler gezeigt, installative Environments, die stets mit Bezug zu den räumlichen und sozialen Gegebenheiten vor Ort entstehen.
Michael Beutler: Stardust
Michael Beutler: Stardust

Wilhelm-Hack-Museum

Es ist eine sehr alte Geschichte: Die drei Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite kommen zu Paris, dem Sohn des Königs von Troja. Eris, die Göttin der Zwietracht, hatte nämlich einen Apfel in Umlauf gebracht, mit der Aufschrift. Der Schönsten. Diesen Schönheitswettbewerb sollte Paris entscheiden. Er gab ihn Aphrodite, der Göttin der Liebe, die ihn mit ihren Blicken betört hat. Die drei nackten Frauen stehen in diesem Bild gleichrangig nebeneinander - die Wahl ist wohl noch nicht vollzogen. Paris ist als moderner Mensch des 20. Jahrhunderts dargestellt - ein Selbstportrait Ernst Ludwig Kirchners.

Der Titel des Bildes macht erst deutlich, dass eine Szene aus der griechischen Mythologie dargestellt ist. Trotz der seltsam verdrehten Köpfe dringt das Schönheitsideal aus der Zeit nach 1900 durch. Kirchner, einer der Mitbegründer der Künstlergemeinschaft "Die Brücke", zählt zu den Hauptvertretern des Expressionismus. Er hat, wie schon einige Künstler vor ihm, den Mythos in seine Zeit verlegt und auf wesentliche Aussagen reduziert. Hier geht es nur noch um die äußere Schönheit der Frauen, die Kirchner mit wenigen Farben in dynamischen Formen zum Ausdruck bringt.

Die Entstehung der ungegenständlichen Kunst ist der eigentliche Sammlungsschwerpunkt des Wilhelm-Hack-Museums.
Neben der erstklassigen Modernen finden aber auch Liebhaber früherer Epochen hochkarätige Exponate, zum Beispiel aus der Zeit der Römer, der Franken oder des späten Mittelalters.

Empfehlenswert ist außerdem ein Besuch in der Rudolf-Scharpf-Galerie, wo junge Künstler die Chance haben, ihre Werke auszustellen (Hemshofstraße 54).
(Text (gekürzt): Dorothea Quade)

Michael Beutler: Stardust

Ausgangspunkt für die Ausstellung bilden vom Künstler entwickelte Maschinen - selbstgebaute Apparaturen zwischen Spezialwerkzeug und autonomer Skulptur -, die einfache Arbeitsabläufe wie Falzen, Wickeln, Drucken oder Weben ausführen. Papier, Metall, Holz oder Kunststoffe werden so zu skulpturalen Modulen geformt, mit denen Beutler im Team ebenso komplexe wie fragile Konstruktion erschafft.

Für seine Ausstellung im Wilhelm-Hack-Museum realisierte er eine skulpturale Intervention aus selbstgeschöpftem Papier, welche die architektonischen Charakteristika des Museumsgebäudes aufgreift und neu fokussiert. Der Ausstellungsraum wurde dafür weitestgehend "entkernt", um die Aufmerksamkeit auf die tragende Betonarchitektur zu lenken. Diese, wie auch die Miró-Wand - das Wahrzeichen des Museum - dienten dem Künstler als Inspiration für die ortsspezifische Installation.

Im Vorfeld der Ausstellung errichtete Beutler im Innenhof des Museums eine temporäre Werkstatt, in der er und sein Team großformatige "Reiben" konstruierten, um Papier zu schreddern und zu Papierbrei zu verarbeiten. Als Ausgangsmaterial für die Papierproduktion dienten alte Ausstellugsplakate, Flyer und Kataloge. Im übergroßen Schöpfbecken wurde der Papierbrei zu Paneelen und Rollen verarbeitet, welche die Maserung des Sichtbetons aufgreifen und farblich die Miró-Wand zitieren. Als modulare Bausteine strukturieren sie nun den Ausstellungsraum und werden als Objekte selbst Teil der Ausstellungsarchitektur. 

Darüber hinaus präsentiert die Ausstellung eine Auswahl älterer Maschinen sowie Modelle und Zeichnungen, wobei einige Modelle im Kabinettstück Abstrakte Räume integriert wurden. Beutlers Projekte können als utopische Arbeits- und Lebensmodelle verstanden werden, die den traditionellen Produktions- beziehungsweise Werkbegriff hinterfragen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog bei Spector Books mit zahlreichen Abbildungen, einer umfassenden Werkchronologie sowie Texten von Astrid Ihle, Verena Kuni, Matthew van der Ploeg, Susanne Witzgall und René Zechlin.

Michael Beutler (geboren 1976 in Oldenburg) lebt und arbeitet in Berlin. Er studierte von 1997 bis 2003 bei Thomas Bayrle an der Städelschule in Frankfurt am Main sowie von 2000 bis 2001 an der Glasgow School of Art.

Quelle und weitere Informationen: https://www.wilhelmhack.museum/de
und im Kulturland: https://kulturland.rlp.de

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