Obergermanisch-Raetischer Limes soeben als Welterbe anerkannt

Gute Nachrichten haben das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur in diesen Minuten aus dem südafrikanischen Durban erreicht. Das Welterbe-Komitee der UNESCO hat bei seiner dortigen Sitzung die Aufnahme des Obergermanisch-Raetischen Limes in die Liste des Weltkulturerbes beschlossen. "Das ist eine sehr schöne Entscheidung. Sie bezeugt, über welch bedeutendes historisches Erbe wir hierzulande verfügen. Der Limes ist die nunmehr vierte Welterbestätte auf rheinland-pfälzischem Boden unter den insgesamt 31 deutschen Welterbestätten. Darüber dürfen wir uns freuen, darauf dürfen wir auch stolz sein", kommentierte Ministerpräsident Kurt Beck das Votum der UNESCO.

 

Auch Roland Härtel, Staatssekretär für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, zeigte sich in einer ersten Stellungnahme begeistert: "Unser Gemeinschaftsantrag mit Hessen, Bayern und Baden-Württemberg war sehr überzeugend und konzeptionell durchdacht. Schön, dass das UNESCO-Gremium dies mit seiner heutigen Entscheidung anerkennt."

 

Viel Beachtung habe in Durban vor allem auch die internationale Perspektive des Limes-Projekts gefunden; dass an einem einzigen Weltkulturerbe-Denkmal mehrere Staaten Anteil hätten, sei ein grundsätzlich neuer Ansatz des Welterbe-Programms. Gemeinsam mit dem britischen Hadrians-Wall, der bereits 1987 auf die Welterbeliste gesetzt worden sei, bilde der Obergermanisch-Raetische-Limes künftig die ersten beiden Teilabschnitte eines transnationalen Weltkulturerbes, das unter dem Namen "Grenzen des Römischen Reiches" einmal zwei Dutzend Staaten entlang aller Außengrenzen des ehemaligen Imperium Romanum umfassen solle.

 

Härtel verwies darauf, dass mit der positiven Entscheidung des 21-köpfigen Welterbe-Komitees der UNESCO die im Jahr 1999 begonnenen gemeinsamen Bemühungen der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz gekrönt würden. Nach mehr als vierjähriger Vorbereitungszeit, in der unter anderem der gesamte Limesverlauf neu inventarisiert und in einer Datenbank zugänglich gemacht worden sei, habe der rund 200 Seiten starke Antrag im Januar 2004 dem Welterbezentrum in Paris übergeben werden können. Er beschreibe alle noch erhaltenen Zeugnisse der vor rund 1900 Jahren erbauten Militärgrenze und begründe die wichtige Rolle, die dem Limes gerade in Deutschland als Kontaktzone zwischen der Welt der Klassischen Antike und den "Barbaren" des Nordens zukomme.

 

Das vom Internationalen Rat für Denkmalpflege ICOMOS im April 2005 vorgelegte Gutachten zum Weltkulturerbe-Antrag bescheinige dem Limes herausragenden Wert als "größtes Einzeldenkmal der römischen Epoche sowie als Zeugnis für die Verbreitung römischer Kultur, die einen Gutteil der nachfolgenden Entwicklung Europas formte."

 

Der im 2. Jahrhundert nach Christus errichtete Obergermanisch-Raetische Limes ist eine künstliche Grenzlinie, die zum Teil über weite Strecken schnurgerade unter bewusster Missachtung topografischer Gegebenheiten als Zeichen der Macht gegenüber dem freien Germanien und als Zeugnis der technischen und logistischen Fähigkeiten angelegt wurde. Die insgesamt rund 550 Kilometer lange Grenzlinie wurde in Obergermanien vom Rhein bei Rheinbrohl bis nach Schwäbisch-Gmünd auf einer Länge von 330 Kilometern als Palisade, Wall und Graben angelegt, in Raetien von Schwäbisch-Gmünd bis an die Donau bei Kelheim als 170 Kilometer lange Mauer errichtet. Hinzu kommt der rund 50 Kilometer lange "nasse Limes" am Main. Begleitet wurde diese Demarkationslinie von 900 Wachturmstellen sowie rund 120 Kastellen unterschiedlicher Größe.

 

Der Limes war im Bewusstsein der Bevölkerung immer präsent; seit Mitte des 18. Jahrhunderts war er Gegenstand intensiver wissenschaftlicher, historischer und archäologischer Forschung. Das Amt Koblenz des Landesamts für Denkmalpflege - Abteilung Archäologische Denkmalpflege - veröffentlichte 2003 zusammen mit der Gesellschaft für Archäologie an Mittelrhein und Mosel den von Konservator Dr. Cliff A. Jost verfassten Band "Der Römische Limes in Rheinland-Pfalz". Er informiert in Text, Karten und Luftbildern über den 75 Kilometer langen Verlauf durch das heutige Rheinland-Pfalz, die Geschichte und die noch sichtbar erhaltenen Strecken des Limes und der begleitenden Bauten (Türme, Kastelle).

 

In weiten Teilen ist der Limes heute noch im Gelände als Wall und/oder Graben

ebenso erkennbar wie die Ruinen der Wachtürme und Kastelle. Die Überreste des Limes sind in den vergangenen Jahrzehnten aber wiederholt dem intensiven Flächenverbrauch für die Erschließung von Wohn- und Gewerbegebieten, landwirtschaftlicher Nutzung oder dem Straßenbau zum Opfer gefallen.

 

"Eines der Ziele, die wir mit der Anerkennung verbinden, liegt darin, das Bewusstsein für den Erhalt dieses bedeutenden historischen Erbes zu stärken", sagte Härtel. Die Aufnahme in die Welterbeliste werde die weitere wissenschaftliche Erforschung des Limes wie auch das touristische Interesse an ihm deutlich forcieren, ist sich Härtel sicher.

 

Der Obergermanisch-Raetische Limes ist das 31. deutsche und das vierte rheinland-pfälzische Objekt nach den Römerbauten in Trier, dem Speyerer Dom und dem Oberen Mittelrheintal.

 

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