Der 1502 in Amberg geborene Ottheinrich war ein Enkel des pfälzischen Kurfürsten Philipp des Aufrichtigen. Nach dem Tode seiner Eltern im für die Pfalz verheerenden Landshuter Erbfolgekrieg übernahm er 1522 mit seinem Bruder die Herrschaft im Fürstentum Pfalz-Neuburg. Dieses Territorium musste er 1544 aufgrund völliger Überschuldung aufgeben. Von 1556 bis 1559 regierte Ottheinrich als Nachfolger von Kurfürst Friedrich II. die Kurpfalz. In dieser Zeit modernisierte er die Universität, führte sein Territorium zur Reformation und begründete postum die Bibliotheca Palatina.
Ottheinrich war einer der großen Büchersammler seiner Zeit. In seiner Bibliothek nahm reformatorische Literatur einen großen Raum ein, aber auch viele andere Interessensgebiete lassen sich hier nachweisen, unter anderem Astronomie und Medizin. Nach seinen Vorgaben wurde der sogenannte Ottheinricheinband geschaffen. In seiner klassischen Form handelt es sich um einen mit braunem Kalbleder überzogenen Holzdeckeleinband, der mit blinden Rollen verziert ist. Im Zentrum stehen in der Regel Supralibrospaare in Gold, die vorne das Porträt Ottheinrichs und hinten sein Wappen zeigen. Heute existieren noch etwa 450 Ottheinricheinbände, die überwiegend in der Bibliotheca Apostolica Vaticana in Rom, in der Universitätsbibliothek Heidelberg, in der Stadtbibliothek Mainz, in der Bayerischen Staatsbibliothek München und im Landesbibliothekszentrum / Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken aufbewahrt werden.
Im Januar 2013 wurde von dem Königsteiner Antiquariat Reiss & Sohn ein gemäß dem aufgeprägten Bindejahr 1550 hergestellter Ottheinricheinband angeboten. Er zeigt vorne das zu dieser Zeit gebräuchliche Supralibros des Kurfürsten mit der Unterschrift OTTHAINRICH VON G.G./ PFALTZGRAVE BEY RHEIN/ HERTZOG IN NIDERN VND OBERN BAIRN, hinten korrespondierend eine nur bei den frühen Ottheinricheinbänden verwendete Spes-Platte, eine Personifikation der Tugend Hoffnung. Der Band zeigt weiter einen punzierten Goldschnitt, was bei dieser Buchgattung sehr selten vorkommt. Enthalten sind drei medizinische Drucke von Antonio Musa Brasavola (geb. 1500), Leibarzt von Kaiser Karl V. und verschiedener Päpste, die zwischen 1546 und 1549 in Lyon gedruckt worden sind.
Wahrscheinlich handelt es sich um einen der Ottheinrichbände, die bei der Wegführung der Heidelberger Bibliotheca Palatina nach Rom 1623 im Dreißigjährigen Krieg als Dublette am Neckar zurückblieben.
Wertvoller Neuzugang im Landesbibliothekszentrum Speyer
Ernst von Siemens Kunststiftung in München ermöglicht dem Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz den Erwerb eines Ottheinricheinbandes mit Speyerer Provenienz
